Influencer im Visier der Steuerbehörden

Influencer im Visier der Steuerbehörden – das müsst ihr wissen

Warum stehen Influencer jetzt im Fokus?

Finanzämter in mehreren Bundesländern – vorrangig Nordrhein‑Westfalen und Hamburg – haben das Geschäftsfeld Influencer als Prüfungsgegenstand priorisiert. NRW meldete am 15. Juli 2025 ein Datenpaket mehrerer Plattformen mit 6.000 Datensätzen und einem geschätzten steuerstrafrechtlichen Volumen von rund 300 Mio. €. Hamburg führt seit 2024 eine Branchenprüfung fort und baut diese aus.

„Wir wollen natürlich die großen Fische, aber nicht junge Leute mit ein paar Followern.“

Das Zitat zeigt: Offiziell sollen primär hohe Umsätze adressiert werden – eine klare Schwelle gibt es aber nicht. Reichweite/Umsatz allein definieren keinen „großen Fisch“.

Welche Steuern können betroffen sein?

  • Einkommensteuer – auf den Gewinn deiner Tätigkeit.
  • Umsatzsteuer – abhängig von Kleinunternehmerregelung oder Regelbesteuerung.
  • Gewerbesteuer – ab Gewerbeertrag über 24.500 €; bei Einzelunternehmer:innen teilweise Anrechnung auf die ESt.
  • Sozialversicherung – z. B. Kranken-/Pflegeversicherung, Altersvorsorge; KSK kann je nach Tätigkeit greifen.

Einkommensteuer: Was zählt als Einkommen?

Nicht nur Geldflüsse von Plattformen/Marken sind steuerpflichtig. Sachleistungen – z. B. kostenlose Waren, Reisen, Hotelnächte, Event‑Tickets, Gutscheine – sind als Einnahmen zu bewerten (maßgeblich ist der gemeine Wert/Marktwert im Zeitpunkt der Zuwendung). Dokumentation ist Pflicht (Lieferungen, Screenshots, Marktpreise).

Beispiel: Du erhältst eine Tasche mit Listenpreis 1.000 €1.000 € Einnahme.

Ausgaben: Was kann ich abziehen?

Vom Umsatz ziehst du betriebliche Ausgaben ab; steuerpflichtig ist nur der Gewinn. Typische Posten:

  • Ausrüstung (Kameras, Mikrofone, Beleuchtung)
  • Reise‑ & Übernachtungskosten (z. B. für Kooperationen)
  • Internet & Telekommunikation
  • Steuerberatungskosten
  • Werbung, Bürobedarf, Software
  • anteilige Fahrzeugkosten bei betrieblicher Nutzung

Bei gemischter Nutzung ist eine sachgerechte Aufteilung nötig.

Umsatzsteuer: Kleinunternehmerregelung & Option

Neu seit 01.01.2025:

  • Vorjahr < 25.000 € Umsatz → Kleinunternehmer möglich.
  • Laufendes Jahr ≤ 100.000 € Umsatz → Kleinunternehmer bleibt möglich.
  • Überschreitest du im laufenden Jahr 100.000 €, musst du ab diesem Zeitpunkt zur Regelbesteuerung wechseln; die bis dahin erbrachten Kleinunternehmer‑Umsätze bleiben steuerfrei.
  • Gründungsjahr: Wird dort 25.000 € überschritten, endet die Kleinunternehmerregelung sofort; die vorherigen Umsätze bleiben steuerfrei.

Du kannst bei der Anmeldung freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung verzichten (Option zur Regelbesteuerung) – diese Entscheidung bindet mindestens 5 Kalenderjahre.

Vorsteuer, Ausland & Reverse‑Charge

Bist du umsatzsteuerpflichtig, kannst du Vorsteuer aus Eingangsrechnungen geltend machen. Bei Dienstleistern aus dem Ausland greift häufig das Reverse‑Charge‑Verfahren: Der Dienstleister weist keine Umsatzsteuer aus; du berechnest sie selbst und kannst sie gleichzeitig als Vorsteuer abziehen – in Summe meist neutral, aber meldepflichtig.

Gewerbesteuer

Freibetrag 24.500 € (Gewinn/Gewerbeertrag). Darüber kann Gewerbesteuer anfallen; bei Einzelunternehmer:innen wird ein Teil auf die ESt angerechnet.

Wie hoch kann die Nachforderung werden?

Wurden Umsätze/Sachzuwendungen nicht erklärt, können USt + ESt + ggf. GewSt zusammen grob 40–50 % des nacherkannten Gewinns erreichen. Dazu kommen Zinsen und ggf. Säumniszuschläge/Nebenstrafen. (Orientierungswert; Einzelfall maßgeblich.)

Wie weit kann das Finanzamt zurückgehen?

Regelmäßig 4 Jahre (Festsetzungsverjährung), 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung, 10 Jahre bei Steuerhinterziehung. Strafrechtliche Verjährungsfristen können in schweren Fällen länger sein.

So schützt du dich: Praxis‑Checkliste

  1. Gewerbe anmelden.
  2. Fragebogen zur steuerlichen Erfassung über ELSTER einreichen; über Kleinunternehmer vs. Regelbesteuerung entscheiden.
  3. Alles dokumentieren – auch Sachleistungen (Belege, Screenshots, Marktpreise).
  4. Belege sammeln – Equipment, Reisen, Dienstleister.
  5. Privat/Betrieb trennen – klare Aufteilungen festhalten.
  6. Vorsteuer/Reverse‑Charge korrekt abbilden.
  7. Vorauszahlungen prüfen (Liquidität).
  8. Frühzeitig beraten lassen – Option bindet 5 Jahre.

Sozialversicherung: Nicht vergessen

  • Als Selbständige:r trägst du Kranken‑/Pflegeversicherung (GKV/PKV) und sorgst fürs Alter.
  • KSK kann greifen (künstlerisch/publizistisch). Auftraggeber zahlen Künstlersozialabgabe (Satz abhängig vom Jahr).
  • Einzelfallprüfung ist sinnvoll.

Was tun, wenn ihr in der Vergangenheit Einnahmen nicht angegeben habt?

  • Sofort Steuerberatung kontaktieren.
  • Je nach Fall Berichtigung (§ 153 AO) oder Selbstanzeige (§ 371 AO) prüfen – nur vollständig & fristgerecht wirksam; Sperrgründe beachten.
  • Unterlagen bündeln: Zahlungen, Verträge, Lieferungen, Posts, Preise.
  • Mit Prüfungen mehrerer Jahre rechnen (s. o.).

Empfehlungen in Kürze

  • Gewerbe anmelden & steuerlich registrieren.
  • Sachzuwendungen konsequent mit Marktpreisen dokumentieren.
  • Kleinunternehmerregelung vs. Regelbesteuerung bewusst wählen (Bindung 5 Jahre).
  • Reverse‑Charge korrekt melden.
  • Frühzeitig beraten lassen – günstiger als spätere Korrekturen.

FAQ

Ja. Sachleistungen sind grundsätzlich als Einnahme zu bewerten (Marktwert im Zeitpunkt der Zuwendung). Belege/Screenshots/Listenpreis helfen bei der Bewertung.

Bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenzen: 25.000 € Vorjahr und 100.000 € laufendes Jahr. Wird im laufenden Jahr die 100.000 €‑Grenze überschritten, gilt ab diesem Zeitpunkt Regelbesteuerung; zuvor erbrachte Kleinunternehmer‑Umsätze bleiben steuerfrei.

Regel: 4/5/10 Jahre (s. Abschnitt Rückwirkungszeiträume).

Ist die Tätigkeit dauerhaft und auf Gewinnerzielung gerichtet, in der Regel gewerblich; im Zweifel beraten lassen.

Die KSK schafft für bestimmte selbständige Künstler:innen und Publizist:innen eine Pflichtversicherung (Kranken‑, Pflege‑, Rentenversicherung). Ob eine Influencer‑Tätigkeit darunterfällt, hängt von der Art der Inhalte ab. Einzelfallprüfung empfohlen.

Fazit

Das Feld Influencer & Steuern ist im Fokus der Behörden. Wer professionell Content erstellt, sollte Pflichten kennen und erfüllen: Gewerbe (in der Regel), Einnahmen einschließlich Sachleistungen erfassen, Ausgaben dokumentieren und frühzeitig umsatzsteuerliche Entscheidungen treffen. Das spart Geld und reduziert das Risiko nachträglicher Forderungen und Strafen.

Fragen oder Unterstützung? Wir schauen uns eure Fälle an – von Anmeldung über Buchführung/Erklärungen bis zur Aufarbeitung vergangener Jahre. Mehr Infos & Kontakt: www.axelbahr.de


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Impressum/Haftungshinweis: Dieser Beitrag stellt keine Rechts‑ oder Steuerberatung im Einzelfall dar und ersetzt diese nicht. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt erstellt, erfolgen jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität. Eine individuelle Beratung durch qualifizierte Berater:innen wird dringend empfohlen.

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